Wartung einer Lewmar 30 Two Speed Winsch

Eine Lewmar 30 Two Speed Winsch

Heute haben wir uns eine Winsch vorgenommen, die wir mit unserer Andra vom Verkäufer übernommen haben. Da wir uns über deren Zustand unklar sind, wollen wir sie erst einmal öffnen, ggf. reinigen, neu fetten und wieder zusammensetzen. Für diese Tätigkeit sollten Sie, je nach Übung und Verschmutzungsgrad, 1-2 Stunden Zeit einplanen.

Und oh ja, dass können wir Ihnen hier schon verraten - sie hatte es arg nötig ;-)

Intervalle für Winschwartung

Sie sind unsicher, ob Ihre Winsch diese Prozedur nötig hat, oder nicht? Lewmar empfiehlt tatsächlich, die Winschen 2 bis 3 Mal pro Jahr zu zerlegen, reinigen und schmieren! Das scheint uns extrem, manch einer würde mehr Zeit mit der Winschwartung verbringen, als unter Segeln. Unsere Empfehlung: Entscheiden Sie nach Geräusch. Wenn das Getriebe geschmeidig und "satt" klingt und leichtgängig bedient werden kann, wird sie genug Fett haben. Metallisches lautes Klicken der Klinken, ungebremste Beweglichkeit der Haube auf dem Gehäuse oder falls Sie sich an die letzte Wartung nicht mehr erinnern können ;-) - das alles deutet darauf hin, dass sie trocken läuft.

Seien Sie sich bewusst, dass die Winsch ein Kernbauteil Ihrer Yacht darstellt und ein Schaden einer kleinen Klinke oder Feder im Inneren der Winsch ernsthafte Folgeschäden an Yacht und Gesundheit der Crewmitglieder nach sich ziehen kann. Ich würde empfehlen, die Winschen nicht seltener als alle 3 Jahre zu warten, bin mir aber im Klaren, dass in der Praxis die meisten Winschen nicht öfter als alle 10 Jahre geöffnet werden. Im Zweifel lohnt sich eine Wartung immer.

Den Sicherungsring vorsichtig abheben

Vorbereitung

Generell ist das keine sehr schwierige Aufgabe, aber eventuell ein bisschen schmutzig und erfordert Ruhe und Ordnung, damit kein Kleinteil verloren geht. Wir empfehlen diese Arbeit für das Winterlager, weil herunterfallende Kleinteile unwiderbringlich im Hafenschlick verloren gehen würden. Falls Ihnen aber trotzdem ein Teil vom Tisch gesprungen ist, finden Sie im Internet Lewmar Ersatzkits - Suchbegriff "Lewmar Ersatzteilpaket". Wenn die Arbeiten im Wasser stattfinden sollen, können Sie auch einen Pappkarton (Schuhkarton) unten im Durchmesser der Winsch ausschneiden und über die Winsch stülpen. Fortspringende Kleinteile werden so mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgefangen. Im Internet liest man auch von auf der Reling aufgehängten Bettlaken, aber das scheint uns eher unpraktikabel.

Offene Winschhaube

Unsere Lewmar 30 ist ein 2-Gang Exemplar, kennt also in Gegendrehrichtung neben dem "Normalgang" auch noch einen untersetzten "Hausfrauengang". Die Winsch ist nicht selbstholend ("selftailing"), aber der Aufbau einer Selftailingwinsch ist nicht wesentlich komplizierter.

Material und Werkzeug

Folgende Utensilien sollten Sie sich auf einer stabilen Unterlage - am besten draußen - schon einmal bereitlegen: Ein leeres Gurkenglas mit Deckel, 300 ml Petroleum, Parafin, Lampenöl oder Universalverdünner, ein kleiner Schlitzschraubendreher, reichlich Baumwolltücher oder eine Rolle Küchentücher, harzfreies Maschinenöl, Universalfett oder Winschenfett, eine alte Zahnbürste und einen Pinsel. Bei selbstholenden Winschen benötigen Sie meist noch einen zölligen Innenseckskantschlüssel.

Gegebenenfalls: Die Demontage

Achtung, die Klinken springen gerne heraus!

Je nach Größe sind die Winschen meist durch 5 oder 6 Maschinenschrauben M6 oder M8 auf Ihrer Unterlage befestigt. Oft ist der Spalt zwischen Unterlage und Winschboden zusätzlich mit Silikon oder Sikraflex gegen eindringendes Wasser geschützt. Lösen Sie zuerst von unten die Muttern und ziehen Sie dann die Winsch von oben mitsamt der Schrauben von der Unterlage. Sollte das Klebematerial die Winsch noch halten, lösen Sie dieses mit einem Spachtel, ohne die Unterlage zu beschädigen.

Wenn Sie Pech haben, drehen sich die Schrauben beim Abdrehen mit der Mutter mit. Es bleibt Ihnen dann nichts anderes übrig, als die Wartung an Bord durchzuführen oder, wie weiter unten beschrieben, die Winschhaube vom Winschgehäuse abzuheben und die Schrauben dann mir einem Schraubendreher festzuhalten.

Die Trommellager müssen runter

Abheben der Winschhaube vom Gehäuse

Bei der Lewmar 30 wird die Winschhaube einzig durch einen Sicherungsring gehalten, der in eine Nut in der zentralen Welle gefädelt ist. Mit Welle ist die Achse gemeint, auf welche in der Bedienung die Winschkurbel gesteckt wird.

Heben Sie also vorsichtig mit einem mittleren Schlitzschraubendreher (z.B. Phasenprüfer) vom oberen Anfang des Sicherungsrings ausgehend den Ring ab - ohne ihn aufzubiegen. Das war schon die schwerste Aufgabe -  legen Sie den Ring gut beiseite und nehmen Sie den kleinen Deckel ab. Sie können nun die Haube nach oben vom Winschgehäuse abziehen. 

Die Sperrklinke sichert die Hauptwelle

Wenn Sie dann von oben auf die offene Winschhaube blicken, sehen Sie zwei kleine Klinken, in deren Mitte je horizontal eine Feder sitzt, die vorher beidseitig gegen die Winschwelle rasteten. Ziehen Sie langsam und vorsichtig eine Klinke nach oben aus der Ausparung der Winschhaube und achten Sie darauf, dass Sie die kleine Ringfeder innerhalb der Klinke mitnehmen und gegen Herausspringen sichern. Beide Teile sind mit meist altem, manchmal verklebtem Fett verschmiert - ab damit ins Gurkenglas. Lassen Sie der zweiten Klinke/Feder das gleiche Schicksal zukommen.

Demontage der Trommellager und der Winschachse

Mit dem Schraubendreher die Achse drehen

Wenden wir uns nun dem Winschgehäuse zu. Die beiden Lager der Winschhaube befinden sich direkt auf dem zentralen Winschgehäuse und können einfach abgehoben werden. Meist extrem verfettet, sollten Sie den schnellsten Weg in das Gurkenglas antreten. Unter dem unteren Lager befindet sich ein Kunststoffring, der auch ins Glas wandern sollte. Jetzt ist auch der beste Zeitpunkt, um das Gurkenglas, Ihre Winschkleinteilwaschmaschine, mit etwa 100 ml Verdünner zu befüllen. 

Auf Höhe des oberen Lagers befindet sich im Winschgehäuse ein etwa 7 mm breiter horizontaler Schlitz, der mit einem weißen Plastikkeil gefüllt ist. Dieser Keil sichert die Winschwelle vor Herausrutschen nach oben. Sie lösen diesen Keil, indem Sie ihn mit dem Schraubendreher an seiner Seite nach innen drücken. Dadurch kommt er an der anderen Seite heraus und lässt sich heraushebeln. Falls er zu sehr mit altem Fett veklebt ist, lösen Sie dieses erst mit Verdünner. Ziehen Sie dann die Achse nach oben aus dem Winschgehäuse heraus. Selbstredend wandern auch diese Teile in die Wäsche.

Klinken des Getriebes demontieren

Demontage des Getriebes

An der Basis des Winschgehäuses befindet sich, in mehr oder weniger altes Fett gehüllt, ein Stapel aus 2 Zahnrädern unterschiedlicher Größe. Die Achse lässt sich dadurch entriegeln, indem sie mit dem Schraubendreher um etwa 45 Grad gedreht wird, dann wird die Basisplatte oben frei und die Achse kann nach oben abgezogen werden. Der Zahnradstapel kann dann nach leicht außen aus dem Gehäuse genommen werden.

Der Zahnradstapel besteht aus 2 ineinandergesteckten Zahnrädern, von denen im unteren in zwei Aussparungen wieder zwei mit je einer Feder bewehrte Klinken stecken. Nach oben beschriebenem Muster ziehen Sie wieder eine Klinke nach der anderen inklusive Federring vorsichtig ab, ohne die Feder zu verlieren. Dann können Sie das obere kleine vom unteren, größeren Zahnrad trennen.  Ab mit allen Zahnrädern, der Achse und den beiden Klinken und Federn in die Waschstraße.Frei von altem Fett!

Einzelteile säubern ...

Je nach Alter des Fettes und Verschmutzungsgrad ist nun gründliches Saubermachen angesagt. Die Konsistenz bestimmt die aufzuwendende Mühe. Frisches Fett geht leicht ab, je länger es nicht gewechselt wurde, desto mehr verbindet es sich mit oxidiertem Abrieb und verklebt. Auch habe ich schon vernachlässigte Winschen gesehen, die komplett ausgetrocknet waren, weil sich das Fett im Laufe der Jahr(zehnt)e verharzt und/oder aufgelöst hatte. Getriebe fertig

Das Lösungsmittel, ein Pinsel und die Zahnbürste wirken Wunder, um die verschmutzten Zahnreihen und Kleinteile wieder auf alten Glanz zu bringen. Vergessen Sie nicht das Winschgehäuse und vor allem die Winschhaube von innen. Denn hier wartet der Zahnaußenkranz und vor allem die Lauffläche der Trommellager im oberen Hals auf Erlösung vom alten Fett und evtl verhärteten Krusten.

... und Fetten

Das alte Fett ist runter, nun kann das neue Gleitmittel kommen. Die Trommellager, der Kunststoffring und das Gehäüse bekommen an den Laufflächen eine Schicht Universal- oder Winschenfett ab. Vergessen Sie bitte nicht die Fläche im Winschgehäuse, auf denen der Zahnradstapel später seinen Platz findet. Dann werden auch die Zahnräder und die Winschhaube von innen an den Laufflächen der Trommellager und dem Zahnkranz gefettet.Getriebeachse einsetzen

Zusammenbau des Gehäuses

Wir können nun in umgekehrter Reihenfolge mit dem Zusammenbau beginnen. Zunächst nehmen Sie das größere der beiden Zahnräder, setzen die beiden Klinken mit Federringen ein und setzen dann das kleinere Zahnrad (mit der Nut nach unten!) unter Drehung auf das größere Rad auf. Achten Sie darauf, dass die Ringe der Federn in der Klinkenachse sitzen und sich die Klinken, wie im Foto gezeigt, in Sperrichtung in der Aufnahme befinden. Die Klinken können nun geölt werden. 

Sicherungskeil rein

Schieben Sie dann den Zahnradstapel von außen in die Ausparung im Gehäuse, setzen Sie die Achse oben ein und verriegeln Sie sie durch 45 Grad Drehung ins Gehäuse. Setzen Sie dann nacheinander die Winschwelle und die Sperrklinke in das Gehäuse ein und dann die Kunststoffscheibe und die beiden Trommellager auf. Hier gibt es keine Richtung zu beachten.

Zusammenbau der Haube

Sollten Sie die Winsch vom Schiff genommen haben, so ist jetzt der richtige Zeitpunkt, das Gehäuse wieder mit den Maschinenschrauben und Muttern an Deck zu montieren. Dann ist der weitere Zusammenbau angesagt: Senken Sie die Winschhaube gerade und unter leichter Drehung über das Gehäuse ab. Die Zähne der beiden großen Bauteile werden dann leicht ineinander einrasten.

Nun setzen Sie die Klinken mit eingesetzten Federn von oben in die Aussparungen der Winschhaube ein und ölen sie sie. Die Sperrrichtung der Klinken zu beachten, ist jetzt relativ einfach, da die Klinken in anderer Richtung nicht in den Zwischenraum zwischen Haube und Welle passen. Winschhaube mit Klinken drauf

Zuletzt setzten Sie noch den Deckel auf Welle und Winschhaube und sichern die Haube, indem Sie den Sicherungsring mit einem 180 Grad Bogen beginnend wieder in die Nut der Welle aufschieben. Dann drücken Sie den Rest des Rings in die Vertiefung, bis er gänzlich einrastet. Fertig!!

Tipp, falls die Verchromung beschädigt istUnd zum Schluss den Sicherungsring rein - Fertig!

Nach vielen Jahren intensiver Nutzung leidet meist die Verchromung auf der Winschhaube und auch von innen sind die Laufflächen der Trommellager nicht mehr ganz glatt. Wenn die Oberfläche der Winschhaube pickelig wird und sogar schon Grünspan angesetzt hat, ist meist auch die rauhe Reibfläche für das Tauwerk gefährdet.

Da für die Neuverchromung die Oberfläche hart abgebürstet werden muss, laufen Sie Gefahr, zu viel Substanz zu verlieren, sodass das Tauwerk im Gebrauch durchrutschen kann. Sie sollten dann nicht mehr länger warten und die Winschhaube neu verchromen lassen.

Für diese Behandlung empfehlen wir insbesondere Eignern im Rheinland die Firma Rigabo Galvanik in Bocholt, mit der wir sehr gute Erfahrung gemacht haben. Dort hat sich Herr Schmidt mit viel Augenmaß und Verständnis unserem Anliegen angenommen und die Aufgabe erstklassik erledigt. Diese Wellnessbehandlung ist durchaus bezahlbar, die Winsch sieht danach aus wie neu und hat ein neues Leben vor sich.